17.11.2022

Industriebau: Holz als Baustoff mit Zukunft

SCHUSTER engineering verwirklicht Holzfassade für Industriehalle

Holz als Baustoff hat eine lange Tradition. Im Industriebau ist Holz jedoch weniger verbreitet. Das liegt einerseits an den Herausforderungen bei der Verarbeitung in großen Dimensionen, andererseits an den gesetzlichen Richtlinien im Industriebau. Es gibt jedoch Möglichkeiten, Holz auch für industrielle Gebäude erfolgreich zu nutzen, wie die von SCHUSTER engineering geplante und bereits im Bau befindliche zweigeschossige Pultdachhalle für die Firma Pfanzelt Maschinenbau im Allgäu zeigt.

Unter dem Gesichtspunkt der Nachhaltigkeit wird Holz als nachwachsende Ressource immer interessanter als Baustoff. Bei der Konstruktion von Wohnhäusern, bei gewerblichen Bauten oder in der Landwirtschaft ist sein Einsatz nichts Neues und hat eine jahrhundertelange Tradition. Holz ist robust, langlebig, gut recyclebar und sorgt für ein angenehmes Ambiente. Im Industriebau jedoch ist Holz aufgrund seiner brennbaren Eigenschaft nicht ganz so häufig vorzufinden.

Produktionshalle mit Außenwänden in Holzrahmenbauweise inkl. Holzfassade

Holz im Industriebau: Produktionshalle mit Außenwänden in Holzrahmenbauweise inkl. Holzfassade

Industriebaurichtlinie: Holz hat erst seit 2019 explizit Einzug gehalten

Im einfachen Verfahren nach der Industriebaurichtlinie (Abschnitt 6) konnte Holz für tragende Konstruktionen in Deutschland bislang nur dann eingesetzt werden, wenn die entsprechenden Bauteile feuerhemmend bemessen wurden. Sollte darüber hinaus Holz als Baustoff eingesetzt werden, war stets eine aufwendige Brandlastberechnung nach DIN 18230-1 erforderlich (rechnerischer Nachweis der Brandbekämpfungsabschnitte nach Abschnitt 7 – IndBauRL). Erst mit der Industriebaurichtlinie von 2019 (IndBauRL 2019) können entsprechende erdgeschossige Industriebauten in Holz im einfachen Verfahren (Abschnitt 6) auch ohne Nachweis der Feuerwiderstandsdauer errichtet werden. Fassaden aus Holz sind jedoch auch in der neuen Verordnung nicht ohne Weiteres möglich. Außenwände von Industriehallen müssen aus nichtbrennbaren Baustoffen bzw. aus mindestens schwerentflammbaren Baustoffen bestehen oder ebenfalls als feuerhemmend bemessen sein, heißt es dort.

Es war also nicht ganz einfach, als das auf Forstmaschinen spezialisierte Unternehmen Pfanzelt Maschinenbau aus Rettenbach im Allgäu das Team von SCHUSTER engineering mit der Planung einer zweigeschossigen Produktionshalle mit Außenwänden in Holzrahmenbauweise inkl. Holzfassade beauftragte.

Industriehalle in Holzbauweise aus der Vogelperspektive

Zweigeschossige Pultdachhalle für die Firma Pfanzelt Maschinenbau im Allgäu

Knifflige Detailarbeit beim Industriebau mit Holz

„Um beim betrachteten Industriebau eine geschossübergreifende Außenwandkonstruktion in Holz inkl. Holzfassade sowie eine Dachkonstruktion ebenfalls in Holz zu verwirklichen, war einiges an Detailarbeit sowie Abweichungen vom Baurecht erforderlich“, erklärt Erich Schuster, Geschäftsführer bei SCHUSTER engineering. Das deutsche Baurecht lasse Konstruktionen aus Holz für industriell genutzte Gebäude in der Regel nicht ohne Weiteres zu.

Allerdings ist die Vorgabe in der IndBauRL und den einzelnen Landes-Bauordnungen sehr allgemein gehalten: Fassaden sind so zu gestalten, dass eine mögliche Brandausbreitung auf diese Bauteile begrenzt bleibt und nicht ungehindert auf andere Bauteile übergreift, heißt es dort. „Diese allgemeine Formulierung konnten wir uns zunutze machen“, erklärt Schuster, „und schließlich eine Lösung finden, die genehmigungsfähig ist.“

Für die brandschutztechnische Bewertung der Außenwände griff das Planungsteam dabei auf die in diesem Bereich fortschrittlicheren Schweizer VKF-Richtlinien bzw. die „Lignum-Dokumentation“ zurück.

SCHUSTER engineering plant zweigeschossige Pultdachhalle aus Holz

Geplant werden konnte schließlich eine zweigeschossige Pultdachhalle mit einer Grundfläche von ca. 100 Metern auf 30 Metern und einer Firsthöhe von 17 Metern. Die Außenwände sind in Holzrahmenbauweise mit einer Bekleidung aus Lärche in Wechselfalzschalung verwirklicht.

Neben den Außenwänden sind auch die Binder sowie die Dachtragschale aus Holz erstellt, genauso wie Teile der Innenwände. Lediglich die Stützen sowie die Zwischendecke bestehen aus Stahlbeton.

Auch die Dachelemente werden in gleicher Form in Holzrahmenbauweise vorgefertigt und als fertige Elemente auf die Baustelle geliefert. Die Dachhaut – ein Trapezblech – wird an Ort und Stelle über die verbundenen Elemente als wasserführende Ebene verlegt.

Dachkonstruktion aus Holz für Industriehalle

Neben den Außenwänden sind auch die Binder sowie die Dachtragschale aus Holz erstellt.

Besonderer Brandschutz beim Automatiklager

Bei dem Bauprojekt der Firma Pfanzelt Maschinenbau gab es neben der vom Baurecht abweichenden Ausführung in Holz eine weitere Herausforderung: Im höheren Bereich der Halle soll von einer 3 m tiefen Grube bis unter das Dach ein Automatiklager mit einer Lagerguthöhe von bis zu 15 Metern errichtet werden. Ab einer Lagerguthöhe von 7,5 Metern sind in der Regel vollwertige Löschanlagen (Sprinkleranlagen) inkl. Regalschutz (fest installierte Sprinklerköpfe im Bereich der Regalböden) erforderlich. Bei dem geplanten Automatiklager handelt es sich jedoch nicht um ein konventionelles Regalsystem, sondern um ein Regal mit mobilen Regalböden, welche in einem Raster von ca. 25 cm Höhe in die Regalrahmen eingeschoben werden können. Zudem wechselt die Position dieser Regalböden sowie die Lagerguthöhe auf den einzelnen Regalböden regelmäßig. Fest installierte Sprinklerköpfe im und am Regal waren also nicht umsetzbar.

Auch hierfür musste eine entsprechende Abweichung formuliert und Kompensationsmaßnahmen definiert werden. Dem Planungsteam kam jedoch der Umstand zugute, dass es sich beim Unternehmen Pfanzelt Maschinenbau um einen metallverarbeitenden Betrieb handelt, womit eine relativ geringe Brandlast innerhalb der Halle und des Automatiklagers vorherrscht.

Zur Kompensation aller Abweichungen konnte schließlich, in Abstimmung mit den zuständigen Prüfsachverständigen, die erforderliche vollwertige Löschanlage im Automatiklager auf eine selbsttätige Löschhilfeanlage nach VdS CEA 4001:2021-01 (Anhang SL) reduziert werden – eine Löschanlage, die ohne Regalsprinkler auskommt und geringere Anforderungen an die Anlagetechnik stellt.

Holz im Industribau: Außenwände in Holzrahmenbauweise mit einer Bekleidung aus Lärche in Wechselfalzschalung.

Die Außenwände sind in Holzrahmenbauweise mit einer Bekleidung aus Lärche in Wechselfalzschalung verwirklicht.

Holzbauteile für den Industriebau

Neben den Genehmigungsverfahren war bei der Planung des Projekts vor allem der große Umfang der Holzbauteile eine Herausforderung. Denn bei einer Bauweise, die bislang eher selten zur Anwendung kommt, gibt es nicht so viele Anbieter, die über das entsprechende Know-how und die nötigen Fertigungskapazitäten verfügen.

Als kompetenter Partner für das Planungsteam von SCHUSTER engineering fand und erweist sich dabei die Firma Hubert Schmid. Mit viel Erfahrung und entsprechender Vorfertigungskapazität konnte das Unternehmen alle nötigen Holzbauteile für das Bauprojekt bereitstellen.